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Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen auch die Automobilindustrie. Finanzielle Einsparungen stehen zur Debatte. Wie stark sind die Sponsoring-Engagements der großen Marken betroffen?

Nielsen-Sports-Experte Pascal Schulte ordnet die aktuelle Lage aus Sportbusiness-Perspektive für das Fachmagazin HORIZONT ein.


Wie schätzen Sie die Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Automobilindustrie ein?

Die deutschen Automobilhersteller stehen aktuell besonders unter Druck. Der Abgasskandal ist noch nicht vollständig überstanden und die Corona-Pandemie hat ebenfalls massiven Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg. Aufgrund der Zurückhaltung der Konsumenten sind die Absatzzahlen eingebrochen. Dass sich die Hersteller in dieser Zeit mit Kosteneinsparungen beschäftigen, ist logisch.

Diese Einsparungen werden in sämtlichen Unternehmensbereichen gesucht. Besonders hohe Kostenpunkte bieten natürlich das größte Potenzial. Das heißt aber nicht, dass im Sponsoring als erstes der Rotstift angesetzt wird. Aber es findet auch in diesem Bereich eine Überprüfung statt. Generell ist Kommunikation in der aktuellen Phase weiterhin wichtig. Eine rigorose Streichung sämtlicher Maßnahmen würde die Situation aufgrund ausbleibender Kaufimpulse sogar eher verstärken.

Inwiefern sind die umfangreichen Sponsoring-Engagements der Marken betroffen?

Im Sponsoring sollten die die Partnerschaften unabhängig von der Corona-Pandemie systematisch überprüft werden und das wird auch derzeit gemacht. Welche Engagements sind besonders wertstiftend und entsprechend unverzichtbar? Welche Engagements tragen nicht in ausreichendem Maße zum Erfolg bei? Die aktuelle Situation führt zu einem Überprüfungsprozess, bei dem die Spreu vom Weizen getrennt wird und Kosten-Nutzen-Aspekte überprüft werden. Mit diesem Prozess geht auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Sponsoringstrategie einher. Sind bestimmte Sponsorings überhaupt noch zeitgemäß?

Bietet dieser Prozess für die Hersteller auch Chancen?

Die aktuelle Situation kann durchaus zu einer Neuausrichtung führen, die im Sinne der Markenwirkung positiv ist. Dann können sogar neue Partnerschaften entstehen. Die E-Sport-Engagements von Mercedes-Benz und BMW belegen diesen Mut zur Veränderung. Insbesondere BMW hat mit dem Commitment ein Zeichen dafür gesetzt, dass eine starke Marke in den aktuell wirtschaftlich herausfordernden Zeiten nachhaltig am Sponsoring als effektivem Marketingtool festhält.

Sind Ausstiege aus bestehenden Sponsorings denn ratsam? Welche Risiken bestehen für die Automobilhersteller?

Generell sind alle Entscheidungen in Abhängigkeit von der Vertragslage zu treffen. Sponsorings sind in der Regel langfristiger angelegt und ein Ausstieg kann in einzelnen Fällen weder möglich noch ratsam sein. Bei den Überlegungen zu etwaigen Budgetkürzungen im Sponsoring sollten sich die Entscheider natürlich über Auswirkungen bewusst sein. Denn Sponsoring hat einen messbaren starken Impact auf das Image des Sponsors – ein Kriterium, das für die zuletzt in Misskredit geratene deutsche Automobilindustrie besonders wichtig sein sollte.

Dieser positive Imageeffekt ist bei einem abrupten Ausstieg gefährdet. Sponsorings werden heutzutage als Partnerschaften verstanden und dazu gehört, dass man gemeinsam durch Höhen und Tiefen geht. Unsere Studien zeigen, dass das von zahlreichen Sportfans zum Teil erwartet und auch positiv honoriert wird. Bei einem Schulterschluss mit dem Partner können Sponsoren in der Krisenzeit dann sogar profitieren.