Jan B. Thelen betreut beim Forschungs- und Beratungsunternehmen Nielsen Sports Kunden aus verschiedenen Branchen, darunter diverse Unternehmen, die als Musikfestival-Sponsoren auftreten .

Im Interview spricht der Sponsoringexperte über den aktuellen Aufschwung im Festivalsponsoring, die Besonderheiten der Musikfans aus Forschungssicht und das Vermarktungspotenzial für Marken.


Warum ist Festivalsponsoring interessant für Sponsoren? Was ist das Besondere am Festivalsponsoring?

Im Umfeld von und auf Festivals erreichen Marken ein besonders junges Auditorium in einem stark emotionalisierten Setting. Die Festivalbesucher sind dabei im besonderen Maße Teil des Geschehens. Sie sind in den Ablauf integriert und das häufig über mehrere Tage. Das schafft eine herausragende Markenerlebnistiefe, die besonders lange nachhallt. Verstärkt wird diese Emotionalisierung noch durch die Kollektivität. In der Regel erleben junge Festivalfans die Events zusammen mit Freunden. Die gemeinsame Vorliebe für eine bestimmte Musikrichtung intensiviert dieses Wir-Gefühl weiter. Marken haben hier umfassende Möglichkeiten, als Begleiter beziehungsweise „Enabler“ Teil des Erlebnisses zu werden.

Was unterscheidet Festivalsponsoring vom Sportsponsoring?

Während im Sport Wettbewerbe sich häufig über das ganze Jahr verteilen, finden Festivals punktuell als einmalige Events statt. Die entscheidende Herausforderung der beteiligten Sponsoren liegt darin, diese Saisonhöhepunkte durch spannende Inhalte über die Saison hinaus zu verlängern. Der große Vorteil von Festivals besteht darin, dass Marken über mehrere Tage besonders intensiv mit ihrer Zielgruppe interagieren können. Schafft es die Brand aber nicht den Dialog über den Zeitraum des Festivals fortzusetzen, verpufft ein Engagement sehr schnell und die mühevoll aufgebaute Community löst sich wieder auf. Eine starke und vor allem langfristige digitale Contentstrategie ist neben einer kreativen On-Site-Aktivierung unverzichtbar für den Erfolg eines Sponsorings.

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Welche Möglichkeiten bieten sich den Sponsoren vor Ort?

Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig. Einerseits erreichen die Partner von Festivals ihre Zielgruppe bei dem, was sie am liebsten tun: ihre Musik zu zelebrieren. Musik gilt bei über 90 Prozent der Deutschen als die Freizeitbeschäftigung überhaupt. Die junge Zielgruppe ist dabei sehr offen für Sponsoren. Die Ansätze der Integration sind bei Festivals sehr vielfältig. Die häufig mehrtägige Dauer der Veranstaltungen bietet umfassende Engagement-Potenziale für Marken, ihre Konsumenten zu begleiten, ihnen Lösungen anzubieten und sie zu emotionalisieren.

Die Möglichkeiten der physischen und digitalen Integration von Marken bei Festivals schon durch die unterschiedlichen Erlebnisbereiche wie Musikbühne, Chill-Out-Areas oder Catering sind sehr vielfältig. Außerdem gibt es fast keine Restriktionen, was beispielsweise das digitale Teilen von Bildern anbetrifft – und Festivals bieten überaus viele spannende Motive für die visuelle Kommunikation an.

Wie definiert sich die Zielgruppe des Festivalsponsorings?

Ein durchschnittlicher Festivalbesucher, über alle Genres hinweg, ist rund 38 Jahre alt, offen für neue Eindrücke, sehr markenaffin, qualitätsbewusst und ein Trendsetter mit einer starken Kaufkraft. Die positive Einstellung gegenüber Sponsoren vereinfacht es den Brands im Festivalsponsoring fußzufassen. Der Festivalbesucher findet in der Gruppe statt, die gemeinsam großartige Momente erlebt, an die sie sich noch lange nach dem Event erinnern werden.

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Was sollten Brands beim Festivalsponsoring beachten?

Auf dem Markt der Festivals gibt es starke Unterschiede – besonders in ihren Kernzielgruppen. Vergleicht man zum Beispiel die Besucher eines Rockfestivals mit denen von Electronic-Dance-Music-Festivals, können diese kaum unterschiedlicher sein. Hier muss das Konsumenten-Profil selbstverständlich passen. Entscheidend für den Erfolg wird sein, wie es einer Marke gelingt vor, während und nach dem Festival mit der Zielgruppe zu kommunizieren. Auf dem Festival bieten sich aber viele Möglichkeiten für Sponsoren sich authentisch als Begleiter der Konsumenten zu positionieren.

Ist Festivalsponsoring für alle Brands interessant oder spricht das nur bestimme Branchen an?

Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Sponsoring einer Brand ist die authentische Einbindung in das Geschehen. Eine kreative Aktivierung, die über die schlichte Logo-Präsenz und das Austeilen von Give-Aways hinaus geht, ist ein Erfolgsgarant für ein zielbringendes Sponsoring. Die Marke muss zur Zielgruppe des Festivals passen, um dann als Begleiter des Events langfristig in den Köpfen der Konsumenten zu bleiben.

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Wie wird sich das Festivalsponsoring in den kommenden fünf Jahren entwickeln?

Festivals werden immer beliebter und auch das Angebot an unterschiedlichsten Arten von Festivals steigt von Jahr zu Jahr. Damit erschließen sich weitere Zielgruppen, die im Umkehrschluss interessant für neue Sponsoren sind. Die Tatsache, dass einige Veranstalter mittlerweile an Ihre Kapazitätsgrenzen kommen, zeigen eine deutlich gestiegene Nachfrage.

Wie sieht ein idealtypisches Festivalsponsoring aus? Welche Komponenten spielen eine Rolle?

Wichtige Komponenten eines Festivalsponsorings sollten auf jeden Fall eine kreative Aktivierung auf dem Festivalgelände sein, aber auch die Kommunikation vor und nach dem Festival sollte Bestandteil der Sponsoring-Strategie sein.

Unsere Analysen zeigen, dass eigene On-Site-Markenerlebniswelten den höchsten Effekt in puncto Werbewert, Sponsoring Impact und Brand Impact erzielen.

Zudem können Brands beim Thema Festivals sehr visuell und mobil denken. Ein überzeugender Content- und Redaktionsplan mit starken „Shareable Moments“, also von der Marke angebotenen Motiven, die festgehalten, geteilt und noch lange Zeit danach von Konsumenten genutzt werden, ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalstrategie.

Welche sind die relevanten Festivals in der DACH-Region?

Das kommt ganz auf die Brand und deren Zielgruppe an. Rock am Ring ist mit seiner sehr langen Historie zwar das bekannteste Festival, kommt aber, ebenso wie zum Beispiel das Wacken Open Air, nicht unbedingt für jede Brand als Plattform in Frage.

Bei der Wahl der richtigen Plattform gilt es diverse Punkte zu berücksichtigen. Zielgruppe, Passung zum Genre, Budget, Regionalität etc. sind nur einige, wichtige Faktoren bei der Auswahl des passenden Festivals.

Für eine Brand aus dem Norden mit einem Kernmarkt, der auch nicht über Norddeutschland hinausgeht, wäre ein Festival wie Deichbrand an der Nordseeküste sicher die geeignetere Option.