Das WM-Turnier in Russland hat die derzeitige Dominanz von Nike auf dem Rasen verdeutlicht. Dabei hat der größte Sportartikelhersteller der Welt in seiner Marketingstrategie diesmal alles richtig gemacht.
Weltmeister Frankreich wird von den US-Amerikanern ausgerüstet und tragen neben den zwei WM-Sternen auch das berühmte Swoosh-Logo. Außerdem gingen die Einzelauszeichungen des Turniers für den Kroaten Luka Modrić (bester Spieler des Turniers), Englands Harry Kane (Torschützenkönig), Frankreichs Youngster Kylian Mbappé (bester Nachwuchsspieler) und dem belgischen Keeper Thibaut Courtois (bester Torwart) allesamt an Spieler, die in Nike-Schuhen spielen.
Gerade diese Auswahl an Topstars verdeutlicht, weshalb es für Sportartikelhersteller immer wichtiger wird, Topstars unter Vertrag zu nehmen. Sebastian Kurzcynski, Director Brand & Digital Consulting bei Nielsen Sports, sagt:
Die Bindung zu Team-Marken nimmt tendenziell eher ab, die Bindung zur Spielermarke hingegen wird in Zeiten von Social-Media-Kommunikation, gerade bei der jungen Generation, immer stärker. Beispielsweise hat Portugals Superstar Cristiano Ronaldo mehr Follower als sein letzter Klub Real Madrid und auch als sein neuer Verein Juventus Turin. Das unterstreicht die globale Relevanz der Spielermarke für Sponsoren.
Die Top-Brands unter den Sportartikelherstellern konzentrieren sich laut Markenexperte Kurczynski zunehmend auf die absoluten Top-Assets – also einerseits auf Ausnahmeathleten wie Cristiano Ronaldo, LeBron James, Roger Federer oder Usain Bolt, andererseits auf Spitzenklubs wie Manchester United, FC Barcelona oder den FC Bayern München. Allerdings gibt es nur eine überschaubare Anzahl solcher Marken, so dass die großen Sportartikler wie Nike und adidas hart um diese ringen.
Liegt die Zukunft des Sportmarketings für Sportartikler nun im Sponsoring einzelner persönlichkeitsstarker Athleten, statt große Teams auszurüsten? Dazu sagt Kurczynski:
Die Wahl zwischen Athlet, Klub oder Verband ist keine Entweder-oder-Frage, sondern eine von Markenstärke und -fit sowie Verfügbarkeit dieser Assets. Eine Fokusstrategie auf lediglich eine Kategorie muss nicht zwangsläufig richtig sein. Beim Sponsoring von Einzelsportlern besteht das Risiko von Skandalen oder Verletzungen sowie eine kalkulierbare Karrieredauer. Gerade die Topklubs haben hingegen eine langfristigere Strahlkraft als ein einzelner Spieler.
Es gelingt daher nur wenigen Sportlern, ein Sponsoring über das Karriereende hinaus aufrechtzuerhalten. Ausnahmen wie beispielsweise Roger Federer bestätigen die Regel. Einen weiteren Vorteil für das Sponsoring eines Klubs sieht der Markenexperte jedoch noch:
Zusätzlich haben Klubs eine höheres Storytelling-Potenzial als Einzelpersonen – sie müssen dieses jedoch ausschöpfen und dabei können sie noch einiges von den Topstars lernen.
Zurück zum Wechsel des Transfersommers: Das kommerzielles Schicksal von ‘CR7’ ist folglich längst entschieden – und zwar zum Positiven. Absolute Topstars wie CR7, Lionel Messi, Roger Federer oder LeBron James, der auch gerade wieder den Klub gewechselt hat, werden laut Kurczynski in den Augen der Sportfans mittlerweile auf gleichem Level betrachtet wie die stärksten Vereinsmarken. Im Fall von Real Madrid sieht der Nielsen-Experte allerdings keine gravierenden Folgen für die Vereinsmarke:
Die Strahlkraft von Real Madrid wird auch unabhängig von Ronaldo weltweit top sein. Das hat man nach dem Abgang von Neymar vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain in ähnlicher Form beobachten können.
Die Frage, ob der Ronaldo-Wechsel für Juventus Turin gewinnträchtig ist, beantworteten die Fans eindeutig: Innerhalb der ersten 24 Stunden nach Bekanntgabe des Transfers soll der Klub – übrigens von Adidas ausgestattet – bereits über eine halbe Million Trikots mit dem Ronaldo-Schriftzug verkauft haben. Für Nielsen-Experte Kurczynski ist klar, dass die Fangemeinde des portugiesischen Superstars auch das neue Trikot kauft, obwohl Ronaldo lange Zeit untrennbar mit der Real-Krone von Madrid schien:
Bindungen werden generell loser, Verbindlichkeiten nehmen ab. Diese gesellschaftliche Entwicklung kann man auch auf den Sport übertragen. Insofern vermute ich, dass gerade jugendliche Fans rund um den Globus zukünftig sowohl ihr altes Real-Madrid-Trikot mit der Nummer 7 als auch das neue Juve-Jersey mit dem CR7-Aufdruck tragen werden. Real-Fans werden weiterhin die Fanartikel ihres Lieblingsklubs kaufen, genug weitere Starspieler stehen bereits jetzt im Kader und werden nach der Weltmeisterschaft vermutlich noch hinzukommen.
Dass ein Transfer in dieser Größe nicht an der Tagesordnung ist, ist wohl jedem Sportfan klar. Doch nur wenige Spieler können einen solchen Wechsel auch aus Sportmarketingsicht optimal für sich nutzen. Kurczynski sagt:
Cristiano Ronaldo braucht nichts an sich zu ändern. Er wird weiterhin als eigene Marke ‘CR7’ funktionieren und hat mit seinen starken Sponsoren an der Seite vielleicht mehr als jeder andere Sportler der Neuzeit bewiesen, wie erfolgreiches Eigenmarketing funktioniert.
Es scheint also nur eine Frage der Zeit zu sein, bis das einmillionste Juventus-Trikot mit der Rückennummer 7 seinen Weg in die Hände eines glücklichen Ronaldo-Fans findet…