Gerade erst hat die Leichtathletik mit der Europameisterschaft 2018 in Berlin ein Highlight gesetzt. Zahlreiche Medaillen und mitreißende Wettkämpfe nicht nur der deutschen Athletinnen und Athleten haben die Zuschauer vor dem TV und online begeistert. Wie aber kann die Sportart die öffentliche Aufmerksamkeit über die EM hinaus gewinnbringend nutzen?
Pascal Schulte, Vice President Sales Operations & Account Management bei Nielsen Sports, ordnet den Stellenwert der Leichtathletik in Deutschland mit Blick auf langfristige Marktforschungsstudien ein:
Die Leichtathletik liegt in der Interessensrangliste in Deutschland konstant mindestens unter den Top-5-Sportarten. In erster Linie sind es die Top-Events der Leichtathletik, die es verstehen, die Massen zu begeistern. Neben den Olympischen Spielen sind das auch die Welt- und Europameisterschaften.
Dennoch verliert die Leichtathletik zwischen den Großevents an medialer Aufmerksamkeit – und damit wichtige Präsenz im Mindset der Sportfans. Schulte sieht dort die Herausforderungen für die Zukunft:
In Anbetracht des vielfältigen Sport- und Freizeitangebots sowie der sehr unterschiedlichen Interessenslagen insbesondere in den jüngeren Zielgruppen ist es – sportartenübergreifend – für kleinere Events heutzutage nicht einfacher geworfen. Sportarten müssen daher neue Wege gehen.Wenn die Menschen nicht mehr aus eigenem Antrieb in die Stadien kommen, muss man die Zielgruppen eben abholen.
Formate wie ‚Berlin fliegt!‘ sind laut dem Sportmarketingexperten ein vielversprechender Weg, um die Leichtathletik aus den Stadien heraus direkt zu den Sportfans zu bringen und das Interesse sogar leicht zu steigern. Solche Events schaffen nach Meinung von Schulte Reize für neue Zielgruppen und machen auf unterhaltsame Weise auf die Vielfalt der Leichtathletik aufmerksam. So könnten Sportfans mittelfristig dazu bewegt werden, größere und etabliertere Stadion- oder Hallenwettkämpfe zu besuchen.
Das Format ‚Berlin fliegt!‘ hat neben den sportlichen Leistungen der Athleten vor historischer Kulisse in Berlin auch großen Entertainment-Charakter. Meiner Meinung nach bieten sich nicht nur die Großstädte, sondern auch Städte mit Leichtathletik-Tradition als Austragungsorte an. Den Mehrwert für die Destinationen belegen Studien von Nielsen Sports zum sogenannten ‚Host City Impact‘.
Die Effekte sind nicht nur direkt bei den Events messbar, sondern können auch im Nachgang eintreten, etwa durch den Neu- oder Wiederbesuch einer Stadt und damit verbundenen zusätzliche Ausgaben vor Ort. Schulte erinnert sich an die Leichtathletik-WM 1993 in Stuttgart, von der viele Zuschauer und Leichtathletik-Fans noch heute sprechen. Damals sorgte die Veranstaltung unter anderem aufgrund der großen Begeisterung im Publikum weltweit für Furore.
Den Hebel für eine erfolgreiche Vermarktung sieht Schulte außerdem in der medialen Begleitung des Events – nicht nur im TV, wo es langfristige Verträge mit den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD und ZDF gibt. Schulte sagt:
Es braucht Medienpartner, die kanalübergreifend über Fernsehübertragungen und Onlinestreams sowie passende Social-Media-Begleitung das Thema aufgreifen. Dem Rechtehalter bieten sich über digitale Medien perfekte Möglichkeiten, um kurze Ausschnitte eines Events auszuspielen und in Zeiten verkürzter Aufmerksamkeitsspannen gerade jüngere Sportinteressierte anzusprechen, die bisher noch keine Erfahrung mit Leichtathletik-Veranstaltungen haben. In Verbindung mit werbenden Unternehmen kann ein passendes Storytelling aufgestellt und eine sponsoringaffine Zielgruppe der Leichtathletikinteressierten erreicht werden.